SCHARRGASE

Flüssiggas unterstützt die Energiewende

Während das Heizölgeschäft vor allem in den ersten sechs Monaten 2020 boomte, blieb der Flüssiggasabsatz insgesamt hinter dem Vorjahr zurück. Brennstoffspiegel sprach dazu mit Markus Eder, der in seiner Geschäftsleitungs-Funktion beim Stuttgarter Energiehändler Friedrich Scharr Einblick in beide Märkte hat.

Der Energiemarkt hat sich 2020 sehr unterschiedlich entwickelt und war zudem immer stärker von politischen Rahmenbedingungen geprägt. Als Energiehändler bietet SCHARR sowohl Heizöl, als auch Pellets, Flüssiggas und die leitungsgebundenen Energien Erdgas und Strom an. Welche Unterschiede haben Sie in den einzelnen Segmenten erlebt?

Die unterschiedlichen Energiearten haben sich im zurückliegenden Jahr in der Ergebnisbetrachtung für unser Unternehmen durchweg alle positiv entwickelt. Die Nachfrage war überall auf einem hohen Niveau, da die Verbraucher die deutlich gesunkenen Energiepreise bei den leitungsgebundenen Energien für den Abschluss von neuen Versorgungsverträgen und bei Heizöl bzw. Flüssiggas für die eigene Bevorratung genutzt haben. Aufgrund der im Schnitt größeren Tanks bei Heizöl war der Effekt dort größer.

Die seit Anfang 2020 geltenden Förderkonditionen für Wärme aus erneuerbaren Energien zielen stark darauf ab, Ölheizungen zu ersetzen. Konnte Flüssiggas davon profitieren – gerade in Regionen, wo keine Gasleitungen anliegen?

Flüssiggas konnte davon in der Tat profitieren. Der Austausch von alten Heizungsanlagen – und da ist in erster Linie an alte Ölheizungen zu denken – beschleunigt sich spürbar. Wir spüren das auch sehr deutlich bei den Heizungsherstellern, die ihre flüssiggasbetriebenen Heizgeräte sehr viel stärker in Szene setzen. Flüssiggas kann insbesondere im ländlichen Bereich, dort wo es kein Erdgasnetz gibt, mit vielen Vorteilen punkten. Außerdem ist es teilweise auch im Neubau für die Bauherrn nach wie vor eine interessante Alternative.

Nach bisher vorliegenden Daten ist der Flüssiggasabsatz im Jahr 2020 aber gegenüber dem Vorjahr deutlich um rund 10 Prozent gesunken. Wo sehen Sie dafür die entscheidenden Gründe?

Dieser Absatzrückgang kann im Wärmemarkt so nicht nachvollzogen werden. Hier gab es nach unseren Informationen ein leichtes Wachstum von etwa 2 Prozent. Der Rückgang beim Gesamtabsatz von Flüssiggas ist vor allem dadurch zu erklären, dass es auch als Einsatzprodukt in der chemischen Industrie Verwendung findet und damit durch den allgemeinen Produktionsrückgang im Zuge der Corona-Krise weniger nachgefragt wurde. Außerdem wurde durch das Herunterfahren der Raffinerieproduktion auch die Produktionsmenge von Flüssiggas entsprechend reduziert. Darüber hinaus geht die Nachfrage nach Autogas deutlich zurück, weil Hybrid- und Elektrofahrzeuge im Markt immer stärker präsent sind.

Halten Sie hier noch eine Trendumkehr bei der rückläufigen Zahl an Autogasfahrzeugen für möglich?

Das erscheint mir, ganz ehrlich gesagt, wirklich sehr schwierig zu sein. Zum einen, weil Autogas letztlich ein fossiler Kraftstoff ist, der zwar umweltfreundlicher ist als die anderen fossilen Kraftstoffe, aber eben politisch nicht wirklich gewünscht wird. Zum anderen stärkt die Modellpolitik der OEMs im Automobilbau die Nachfrage nach Autogas auch nicht. Insofern wird es für Autogas zukünftig tendenziell eher schwieriger werden.

Im Erdgas-Bereich wird derzeit sehr stark die Möglichkeit betont, fossiles Gas durch biogenes Methan oder Wasserstoff zu ersetzen. Wo steht die Flüssiggasbranche, wenn es um nachhaltige, CO2-neutrale Produkte geht?

Da wird sich zukünftig sicherlich einiges tun. Schon heute gibt es erste Mengen im Markt, die auf Basis von biogenem Einsatzprodukt hergestellt werden. Auch wir werden dieses grüne BIO-Flüssiggas in Kürze anbieten können.

Die Analysen zum Fahrzeugbestand sprechen von einem deutlichen Zuwachs bei Wohnmobilen. Camping und Caravaning scheint also beliebt zu sein. Könnte das auch eine wachsende Nachfrage nach Flaschengas auslösen?

Der große Vorteil von Flüssiggas in Flaschen ist die hohe Energiedichte auf kleinstem Raum und die Vielseitigkeit im täglichen Gebrauch. Zum Heizen, Kochen, Kühlen, als Lichtquelle, Kraftstoff oder zum Grillen, im privaten und gewerblich-industriellen Einsatz. Die Anwendungsmöglichkeiten sind fast unbegrenzt. Darum wird sich auch dieser Markt weiterhin positiv entwickeln.

Welchen Stellenwert wird das Flüssiggasgeschäft nach Ihrer Einschätzung in den kommenden Jahren bei SCHARR haben?

Das Flüssiggasgeschäft bei SCHARR ist heute schon ein wichtiger Grundpfeiler unseres Leistungsangebots. Dies wird sich im Hinblick auf die Klimadebatte auch nicht ändern – ganz im Gegenteil. Wir sehen hier weiterhin sehr positive Entwicklungsmöglichkeiten für diese Geschäftsaktivität im Hause SCHARR. Wir blicken dabei auf hybride Lösungen für den Kunden, also ein bewährtes Flüssiggasbrennwertgerät mit Solartechnik, Wärmepumpe oder auch Brennstoffzelle zu kombinieren. Darüber hinaus sind wir auf allen Handelsstufen aktiv. Neben der Endkundenversorgung ist sowohl der inländische als auch der internationale Handel für uns von nennenswerter Bedeutung.

 

Das Gespräch führte Hans-Henning Manz.
Quelle: Brennstoffspiegel + Mineralölrundschau; Ausgabe 04/ 2021